Erinnerungskultur: Gemeinsame Abschlussveranstaltung in der Türkei
Zu Gast waren, neben den Schülerinnen und Schülern selbst, zahlreiche Lehrkräfte, Schulleitungsmitglieder Deutscher Auslandsschulen (Ernst-Reuter-Schule Ankara, Alman Lisesi/ DSI, IEL, IELEV), Vertreterinnen und Vertreter zahlreicher NGOs sowie auch fünf Gäste von der Zentralstelle für das Auslandsschulwesen (ZfA) aus Berlin und Bonn.
Der stellvertretende Generalkonsul Stefan Graf und die Leiterin der ZfA Heike Toledo betonten zunächst in ihrer Begrüßung das besondere Engagement der Schülerinnen und Schüler und die leider gerade in der Gegenwart wieder schmerzhaft erfahrbare Aktualität von Diskriminierung und Verfolgung aus rassistischem Wahn, aus politischen, religiösen oder ethnischen "Gründen". Heike Toledo unterstrich die besondere Aufgabe, der sich gerade das deutsche Auslandsschulwesen verpflichtet weiß, jeglicher Diskriminierung zu wehren. Die Ernst-Reuter-Schule hatte sich mit dem Schicksal ihres Namensgebers, des späteren Berliner Bürgermeisters, und weiterer Wissenschaftler und Künstler, die 1933 vor den Nazis in die Türkei fliehen mussten und dort auf Einladung Atatürks am Aufbau eines modernen Hochschulwesens mitarbeiteten, beschäftigt. Die Jungen und Mädchen des IELEV Gymnasiums – einer mit sechs Jahren erst sehr jungen Schule – hatten sich dem Thema "Diskriminierung in die Augen schauen!" gestellt und dabei Themen wie Rassismus, Sexismus, Antisemitismus, Nationalismus im Alltag aufgegriffen und für eine Veröffentlichung auf ihrem Blog aufbereitet.
Die Zahl von weit mehr als 100 Teilnehmenden an dem Online-Seminar verdeutlichte das große Interesse am Thema sowie die große Bedeutung der Zusammenarbeit. Nachdrücklich wurde gezeigt, was mit den neuen technischen Möglichkeiten trotz der Pandemie an Begegnung und Austausch machbar ist. Mit einem kleinen Trick konnten sogar die Zertifikate an alle teilnehmenden Schülerinnen und Schüler über den Bildschirm überreicht werden. Beispielhaft haben die Jungen und Mädchen, allesamt aus den GIB-Jahrgangsstufen 11 und 12, unter Beweis gestellt, was es heißt wissenschaftlich zu forschen und kritisch zu denken, offen zu sein für die Werte und Traditionen der eigenen Kultur wie die der anderen – und auch Risiken zu wagen! Beide Schulen verbindet darüber hinaus seit 2018 eine Kooperationsvereinbarung, die sie gern auf andere Partner ausweiten möchten.
Im Anschluss an die feierliche Eröffnung konnten alle Teilnehmenden aus sechs unterschiedlichen Workshops wählen und bekamen dort einen Einblick in die Arbeitsweisen und Projektinhalte. Es wurden unterschiedliche Interessensgebiete abgedeckt. So konnte man digitale Workshops zur Geschichte deutschsprachiger Exilanten in Ankara, zu Rassismus, Sexismus, Antisemitismus oder Nationalismus im Alltag besuchen und sogar an einer Filmvorführung (mit deutschen Untertiteln) teilnehmen. Die Jungen und Mädchen dieser Projektgruppe hatten die Geschichte des Istanbuler Stadtteils Balat erkundet, der bis in die 70er Jahre auch von zahlreichen Juden und Griechen bewohnt war. Wer jetzt neugierig geworden ist und sich für u.a. historische Hintergründe von Diskriminierung interessiert, kann sich die Arbeitsergebnisse der Schülerinnen und Schüler vom IELEV Gymnasium auf der projekteigenen Webseite anschauen (Die Beiträge dort sind in deutscher und türkischer Sprache lesbar).
Weitere Informationen zum Wettbewerb und den Projekten finden Sie hier.
Quelle: Lina Render und Michael Schopp, IELEV Gymnasium
Die Projekte werden gefördert im Rahmen des Wettbewerbs "Erinnern für die Gegenwart". Deutsche Auslandsschulen und Deutsch-Profil-Schulen setzen sich mit ihrer Schulgeschichte und dem historischen Umfeld der Schule auseinander. Wie hat man sich verhalten gegenüber Kolonialismus, Nationalsozialismus, Diktatur oder Menschenfeindlichkeit? Ziel ist, Erinnerungskultur, Toleranz und Demokratieverständnis zu stärken und auch auf heutige Formen der Diskriminierung aufmerksam zu machen. Schülerinnen und Schüler sind an der Projektentwicklung zentral beteiligt.
"Erinnern für die Gegenwart" ist eine Initiative von Bundesaußenminister Heiko Maas und wird umgesetzt von der Zentralstelle für das Auslandsschulwesen in Kooperation mit der Bundeszentrale für politische Bildung und der Stiftung Erinnerung, Verantwortung und Zukunft (EVZ).
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Stand 30.06.2020