"#every name counts" - wir bauen ein digitales Denkmal

Im Rahmen der ZfA-Veranstaltungsreihe "Toleranz und Verantwortung" erschlossen sich Schülerinnen und Schüler der Ernst-Reuter Schule in Ankara im Geschichtsunterricht Wege und Möglichkeiten der Erinnerungskultur in Deutschland.

Hierbei unterstützten die Schülerinnen und Schüler Anfang April in einer sechs-stündigen Unterrichtseinheit die Initiative des Archives Bad Arolsen. Ziel des Projektes mit dem Hashtag "#every name counts" ist es, den Verfolgten der nationalsozialistischen Diktatur ein digitales Denkmal zu bauen. Auf diese Weise sind die kommenden Generationen weltweit in der Lage, sich an die Identitäten und Namen der Opfer zu erinnern.

Nach einer kurzen digitalen Einführung ging es für die jungen Historikerinnen und Historiker los. Ein e-Guide half ihnen, die KZ-Dokumente zu dechiffrieren. Die jungen Forscher setzten sich online mit Häftlingspersonalbögen des KZ Buchenwald auseinander. Im Zuge dessen konnten insgesamt 34 von hunderttausenden eingescannten Akten mit der Unterstützung der Schülerinnen und Schüler zugänglich gemacht werden. Jedes Dokument gab einen Einblick in die Schicksale der Opfer und verdeutlichte, warum die Menschen während der NS-Herrschaft verfolgt wurden. Mit diesem kleinen aber überaus wichtigen Beitrag erstellten die Schülerinnen und Schüler einen Baustein für das digitale Projekt.

Träger des Projektes ist das Archiv des Internationalen Suchdienstes in Bad Arolsen. Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges im Jahr 1945 wurde die Institution durch die alliierten Siegermächte gegründet. Bis heute werden dort unter anderem Unterlagen zu den Verfolgten der NS-Diktatur gesammelt. Für die Angehörigen sind diese Dokumente von enorm hoher Bedeutung, da sie oft die letzten Lebenszeichen der NS-Opfer dokumentieren, wie etwa die Unterschrift. Durch die Sammlung der Akten unterstützen die Arolsen Archives die Angehörigen der NS-Opfer und tragen dazu bei, die Erinnerung zu bewahren. Da die Sammlung weltweit allen Angehörigen und Interessierten zugänglich gemacht werden soll, wurden alle Dokumente eingescannt. Damit die Scans allerdings in der Online-Datenbank erfassbar werden, braucht das Archiv Unterstützung von freiwilligen Helfern.

Der historischen Verantwortung bewusst

Als Schülerinnen und Schüler einer Deutschen Auslandsschule waren sich Atakan, Tobias, Azra, Berra, Arda, Deniz, Derya und Batu schnell der historischen Verantwortung bewusst und halfen dabei - zusammen mit tausenden Freiwilligen weltweit - die Dokumente online auffindbar zu machen. Viele Angaben auf den KZ-Bögen mussten noch eingetragen bzw. indiziert werden. Vor allem war hier die Erfassung der Namen sehr wichtig, da die Opfernamen möglicherweise nirgendwo anders als auf diesem Dokument stehen. Die Schülerinnen und Schüler sicherten diese Namen in einer digitalen Datenbank und unterstützten die Arolsen Archives darin, wirklich alle Namen zu sichern, die auf den eingescannten Quellen stehen. Des Weiteren dokumentierten sie die Namen und Adressen der Verwandten der Opfer sowie die Art der Haft oder die Haftkategorie. Während der digitalen Projektarbeit lernten die Schülerinnen und Schüler unter anderem den Häftlingspersonalbogen von Siegfried Schneck kennen. Siegfried gehörte zur Bevölkerungsgruppe der Sinti und Roma, die von den Nationalsozialisten aus rassistischen Gründen verfolgt wurden. Zu Beginn des Jahres 1944 wurde der Junge in das Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau verlegt. Quellen wie dieser Häftlingsbogen sind heute eine überaus wichtige Quelle für die historische Forschung und die Aufrechterhaltung der Erinnerung. 

Thematisch war dieses Unterrichtsprojekt eingereiht in den Themenblock "Nationalsozialismus und Faschismus", einem Kernbestandteil des IB-Oberstufenkurses Geschichte Higher Level.

Quelle: Dr. Daniel Georg Bauer, Lehrer an der Ernst-Reuter Schule in Ankara

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Stand 29.06.2021