Digitale Modellschule Prag: Neue Unterrichtskultur

Die Deutschen Auslandsschulen (DAS) fit machen für die digitale Transformation - das war das Ziel eines Digitalisierungsprojekts, an dem von November 2021 bis April 2022 die Deutsche Schule Prag beteiligt war.

Auf Initiative des Auswärtigen Amts entwickelte die Deutsche Schule Prag (DSP) gemeinsam mit der Zentralstelle für das Auslandsschulwesen (ZfA) und dem Beratungsunternehmen McKinsey ein Zielbild mit Maßnahmen für eine digitale Modellschule im deutschen Auslandsschulwesen. Nun können alle DAS das Modell nutzen.

Wie kann die digitale Transformation der Schule als eigenes Programm etabliert werden? Wer übernimmt die Gesamtsteuerung und wer die inhaltliche Erarbeitung und tatsächliche Umsetzung einzelner Maßnahmen? Was heißt das für die Lehrkräftebildung? Auch wenn die DSP digital gut ausgestattet in das Projekt "Digitale Modellschule" startete, stellten sich für Clemens Rother und sein Team zu Beginn viele Fragen. "Durch die Pandemie ist unser Digitalisierungsprozess, wie an vielen anderen Schulen, natürlich beschleunigt worden", erläutert der Schulleiter. "Aber die Ausstattung macht ja noch nicht die digitale Transformation aus. Es geht darum, dass eine neue Unterrichtskultur entsteht und in anderer, vor allem besserer Form unterrichtet wird."

Den Veränderungsprozess in Gang setzen

Gemeinsam erarbeiteten Vertreterinnen und Vertreter der DSP mit der ZfA und McKinsey inhaltliche, methodische und organisatorische Bausteine, die die Deutschen Auslandsschulen in ihrem digitalen Transformationsprozess anleiten sollen.

Vier Bereiche der Digitalisierung wurden dabei identifiziert:

  • übergreifende Themen und Programmstrukturen,
  • pädagogisches Konzept und Kompetenzen der Lehrkräfte,
  • räumliche und technische Ausstattung sowie
  • Administration und Verwaltung.

Schnell kristallisierte sich heraus, dass an der DSP das Thema "Personalisierung des Unterrichts" als Erstes im Fokus des Veränderungsprozesses stehen würde. "Wir suchen nach offeneren Unterrichtsformen und fächerübergreifenden Unterrichtsmöglichkeiten für individuelles Lernen. Hier kann uns die Digitalisierung unterstützen", so Rother. "Für mich bedeutet digitale Transformation, dass wir das, was Geräte und Technik uns ermöglichen, auch wirklich für die Bereiche nutzen, die uns im Unterricht wichtig sind. Wir wollen tatsächlich damit die Unterrichtsqualität verbessern."

Das Kollegium mitnehmen

Dass dazu vor allem die Kompetenzen der Lehrkräfte erweitert werden müssen, ist dem Schulleiter bewusst. Stephan Bayer ist Koordinator für digitale Unterrichtsentwicklung an der Deutschen Schule Prag. Er hält es für eine Illusion, "zu glauben, wenn jeder ein iPad in der Hand hat, kann er damit auch gut unterrichten". Es brauche personelle und zeitliche Ressourcen für den Veränderungsprozess. "Die Kollegen müssen Zeit haben, sich fortzubilden und digitalen Unterricht vorzubereiten."

Das Projekt bringe auch Herausforderungen mit sich: Es gebe im Kollegium Diskussionen da rüber, wie weit der Digitalisierungsprozess fortschreiten sollte. "Es handele sich um einen Entscheidungsprozess, in den neben den Lehrkräften, dem Vorstand und der Verwaltung auch die Schülerinnen und Schüler eingebunden werden sollten."

Blaupause konkretisieren

An der DSP hat man sich dazu entschieden, die Digitalisierung altersmäßig von oben nach unten anzugehen. "Wir sind jetzt dabei, die im Projekt entwickelten Fragestellungen der Blaupause für unsere Schule zu beantworten, um daraus dann einen strukturierten Aktionsplan zu entwickeln, mit dem wir in der Oberstufe starten", sagt Bayer. Das Ziel des digitalen Transformationsprozess ist für beide Lehrkräfte klar: die Unterrichtsqualität entscheidend verbessern.

Die ZfA koordiniert die digitale Transformation der DAS und gibt zentrale Hilfestellungen, um die Vernetzung der Lehrkräfte, der Schüler- und der Elternschaft aktiv weiter zu fördern und die Schulen bei der Entwicklung zu personalisierten Lernorten gemäß dem Zielbild der digitalen Modellschule zu unterstützen. "Wir werden im nächsten Schritt das Fortbildungsangebot für Lehrkräfte erweitern, beispielsweise durch den Ausbau unserer ReFo-Zentren", erklärt Heike Toledo, Leiterin der ZfA. "Zudem werden wir unsere Prozesse und Strukturen zur Umsetzung überarbeiten, um jede Schule individuell auf dem Weg zur digitalen Modellschule praxisnah zu unterstützen. Ich denke da zum Beispiel an Förderanträge, die Digitalisierung als Komponente beinhalten. Und natürlich ist ein Ausbau der Ressourcen für die Umsetzung der digitalen Modellschule notwendig." Die entwickelte Blaupause soll als handlungsorientierter Praxisleitfaden für die digitale Transformation der DAS dienen und wird allen Schulen in Form eines digitalen Workbooks zur Verfügung gestellt.

Lesen Sie den Artikel in Langversion und ein passendes Interview dazu mit Vito Cecere, dem Beauftragten für Außenwissenschafts-, Bildungs- und Forschungspolitik und ehemaligem Beauftragten für Informationstechnik im Auswärtigen Amt in der BEGEGNUNG 1/2022.

Ein Interview mit ZfA-Leiterin Heike Toledo zur Digitalen Modellschule finden Sie hier.

Quelle: BEGEGNUNG 1/2022

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Stand 07.07.2022