DSD-Prüfungen in der Ukraine bei Luftalarm und ohne Strom

Trotz massiver Bedrohungen und Einschränkungen durch das Kriegsgeschehen nehmen 308 Schülerinnen und Schüler aus 23 geförderten Schulen in der Ukraine derzeit an den Prüfungen zum Deutschen Sprachdiplom (DSD) der Stufe II teil.

Nicht nur die fachlichen Anforderungen stellten für die jungen Deutschlernenden eine besondere Herausforderung dar: Viele der Teilnehmenden müssen die Prüfung in Schutzräumen oder zerstörten Gebäuden bei bitterer Kälte und zeitweise ohne Strom ablegen. "Am Tag der zentralen schriftlichen Prüfungen hatten wir zunächst einen echten Schutzengel", sagt Christoph Jeggle, Fachberater der Zentralstelle für das Auslandsschulwesen (ZfA) für die Nord- und Westukraine. "Es gab keinen Luftalarm, so dass die Prüfungen an allen Schulen ohne Unterbrechungen durchgeführt werden konnten."

Prüfungen in Gastschulen

Auch elf Schülerinnen und Schüler der völlig zerstörten Schule 134 in Charkiw stellten sich den Aufgaben. "Wir sind mit zwei Räumen an einer anderen Schule zu Gast", berichtet die stellvertretende Schulleiterin Liliia Dverniuk. "Da fast alle Schulen in der Ukraine derzeit ausschließlich Onlineunterricht durchführen, reicht uns das bisschen Platz." Zur Prüfung kamen die Jugendlichen in diese Gastschule.

Etwa 50 geflüchtete Prüflinge halten sich zudem gerade nicht am eigenen Schulort, sondern in Deutschland und anderen europäischen Ländern auf. Sie schrieben die schriftlichen Prüfungsteile als Gäste, etwa an den Deutschen Auslandsschulen in London, Genf und Oslo, an den Französischen Schulen in Berlin, Frankfurt und München - und zahlreichen DSD-Schulen in der Slowakei, Polen und den Niederlanden. "Bei der Organisation der externen Prüfungsorte sind wir auf eine große Solidarität gestoßen", sagt Dieter Jaeschke, ZfA-Fachberater für die DSD-Schulen in der Südukraine. Eine Aufgabe, die gleichwohl nur mit einem "immensen Aufwand an Kommunikation zu stemmen" war.

Emotionale Ausnahmesituation

Wie an allen übrigen von der ZfA geförderten Netzwerkschulen auch, finden noch bis Mitte Januar die mündlichen Prüfungen der ukrainischen Schülerinnen und Schüler statt. Die Kultusministerkonferenz (KMK) erteilte dazu die Ausnahmegenehmigung für videogestützte Prüfungen. Auch dafür mussten für die Teilnehmenden, die derzeit nicht die eigene Schule besuchen, jeweils individuelle Lösungen organisiert werden. "Es ist schon eine emotionale Ausnahmesituation, unter diesen Bedingungen Prüfungen abzuhalten", sagt Christoph Jeggle. "Umso mehr beeindruckt uns immer wieder das Engagement und die Tapferkeit unserer ukrainischen Lehrkräfte und Deutschlernenden", ergänzt Dieter Jaeschke.

Quelle: Dieter Jaeschke, FBK Odessa

Das Deutsche Sprachdiplom (DSD) der Kultusministerkonferenz ist eine gemeinsame Aufgabe von Bund und Ländern. Die Prüfungssätze werden von der ZfA in Bonn erstellt. Hier findet auch die Auswertung der Ergebnisse statt. Alle Regularien des DSD werden im Zentralen Ausschuss behandelt. Die Sprachdiplomprüfung ist mehr als eine bloße Sprachfeststellungs-prüfung: Sie hat Auswirkungen auf den Deutschunterricht in vielen Ländern und ermöglicht eine weltweite Vergleichbarkeit der Leistungen, weil sie am Europäischen Referenzrahmen für Sprachen orientiert ist. Das DSD ist der weltweit angebotene Nachweis deutscher Sprachkenntnisse. Das DSD I ermöglicht den Besuch eines Studienkollegs in Deutschland und das DSD II stellt die sprachliche Zugangsberechtigung zum Besuch einer Universität in Deutschland dar. Das DSD: das Studien- und Berufsticket für Deutschland!

Seitenfunktionen

Stand 16.01.2023