Solidarität mit Wolf Biermann: DDR-Zeitzeuge in Mexiko
Jedes Jahr wird an der Deutschen Schule Mexiko-Stadt Campus-Süd der Tag der Deutschen Einheit auf eine ganz besondere Art und Weise zelebriert. In diesem Jahr standen Menschen aus der DDR im Fokus, denen Unrecht zugefügt wurde: Opfer des ehemaligen DDR-Regimes. "Fast 200.000 Menschen wurden schätzungsweise aus politischen Gründen in der DDR inhaftiert. Ihre Freiheit wurde ihnen genommen und sie wurden von ihren Familien getrennt. Die meisten dieser Opfer leiden noch heute unter den Folgen des Unrechts, aber ihre Lebensgeschichten finden kaum Gehör"
, heißt es seitens der Schule.
Pazifistisch und unangepasst
Christoph Rohr ist einer von ihnen. Der frühere DDR-Bürger schilderte an der Schule seine besondere Lebensgeschichte und beantwortete Fragen der Oberstufenschülerinnen und -schüler. Als Sohn eines Wehrmachtsoffiziers im Zweiten Weltkrieg und späteren evangelischen Pfarrers, in der DDR geboren und aufgewachsen, pazifistisch und unangepasst, geriet er als junger Mann ins Visier der Staatssicherheit.
Als der Liedermacher Wolf Biermann im Herbst 1976 durch die IG Metall zu einer Konzertreise nach Westdeutschland eingeladen wurde, ließ die SED-Führung ihn fahren. Drei Tage nach seinem Auftritt in Köln wurde ihm die DDR-Staatsbürgerschaft aberkannt und die Rückkehr verwehrt. Über den Umgang mit Biermann war Christoph Rohr entsetzt. Gemeinsam mit Freundinnen und Freunden verfasste er ein Flugblatt. Dieses heimlich verteilte Flugblatt kostete den jungen Vater eines kleinen Kindes eineinhalb Lebensjahre, die er im Gefängnis verbringen musste, bevor ihn die DDR "verkaufte" und die Bundesrepublik "einkaufte", wie er selbst sagt. In die DDR – seine Heimat - konnte er bis zum Mauerfall nicht wieder zurückkehren. Mit dieser Lebensgeschichte beeindruckte Christoph Rohr die Schulgemeinschaft.
Verhaftet, inhaftiert, verurteilt
Die Schülerinnen und Schüler der Klasse 11B hatten zusammen mit ihrem Geschichtslehrer David William Jean-François Burmeister ein kleines Theaterstück einstudiert. Begleitet von Musik und Choreografie wurden stellvertretend die Lebensgeschichten von weiteren Männern und Frauen aus der DDR dargestellt, die verhaftet, inhaftiert, verurteilt und in die Bundesrepublik zwangsausgebürgert wurden. Der 3. Oktober hat in diesem Jahr bei Schülerschaft und Lehrkräften an der Deutschen Schule Mexiko-Stadt Campus-Süd ein intensives Nachdenken über das Leben in einer Diktatur und über deren Opfer ermöglicht.
Quelle: David William Jean-François Burmeister
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Stand 26.10.2023