Renato Mordo: jüdisch, griechisch, deutsch zugleich - Ein Künstlerleben im Zeitalter der Extreme

Die Deutsche Schule Athen (DSA) und die Landeszentrale für politische Bildung Rheinland-Pfalz zeigten vom 5. bis zum 26. November 2021 in der Deutschen Schule Athen gemeinsam die Ausstellung "Renato Mordo: jüdisch, griechisch, deutsch zugleich - Ein Künstlerleben im Zeitalter der Extreme" in griechischer und deutscher Sprache.

Die Ausstellung präsentierte Stationen im Leben des Theater- und Opernregisseurs Renato Mordo, Sohn eines jüdisch-griechischen Kaufmanns und einer jüdischen Österreicherin, der Ende 1932 Deutschland wegen antisemitischer verbaler Attacken durch Nationalsozialisten verließ und 1939 nach Griechenland floh. Dort war er Mitbegründer der Griechischen Nationaloper in Athen und förderte die junge Opernsängerin Maria Callas. Er überlebte das deutsche KZ Chaidari bei Athen und verfasste, kurz nach seiner Entlassung, das Theaterstück "Chaidari", in dem er seine traumatischen Erfahrungen literarisch verarbeitete. Bevor er von 1952 bis 1955 Leiter der Oper in der rheinland-pfälzischen Landeshauptstadt Mainz war, arbeitete er nach dem Krieg an Theatern in der Türkei, in Österreich und in Israel.

Einen besonderen Schwerpunkt der Ausstellung bildete die Darstellung der deutschen Besatzung Griechenlands im Zweiten Weltkrieg. Deren katastrophale Auswirkungen auf Athen und das ganze Land sowie die individuellen Folgen für Renato Mordo wurden thematisiert.

Peter Mordo, Sohn des Regisseurs und der Schauspielerin Trude Wessely, absolvierte 1941 die Deutsche Schule Athen. Somit ergab sich ein deutlicher Bezugspunkt zur Schulgeschichte der DSA in der NS-Zeit, die im Preisträgerprojekt "dsa erinnert.org" umfassend aufgearbeitet und dargestellt wird. Aus diesem Grund werden in der Ausstellung auch zwei weitere bedeutende Projekte deutsch-griechischer Erinnerungskultur - das international ausgezeichnete schuleigene Projekt zur DSA Schulgeschichte - "dsa erinnert.org" und das binationale Projekt Memories of the Occupation in Greece der Freien Universität Berlin vorgestellt.

Eröffnung der Ausstellung am 5. November 2021

Vor der Vernissage der Ausstellung am Freitag, dem 5. November 2021, traf die offizielle Delegation aus Deutschland - Hendrik Hering, Präsident des Landtags Rheinland-Pfalz und Schirmherr der Ausstellung, Dr. Denis Alt, Staatssekretär im Ministerium für Wissenschaft und Gesundheit Rheinland-Pfalz, und Bernhard Kukatzki, Direktor der Landeszentrale für politische Bildung Rheinland-Pfalz - Schülerinnen und Schüler der AG "DSA erinnert" zu einem Gespräch in der Schulbibliothek. Gegenstand des Gesprächs waren die Erfahrungen, die die Schülerinnen und Schüler bei ihrer Auseinandersetzung mit dem Leben und Werk von Renato Mordo gemacht haben, die Kenntnisse, die sie erworben haben, die Fragen und Gedanken, die sie dabei beschäftigten, aber auch, wie wichtig es ist, dass junge Menschen die Erinnerung an die historischen Ereignisse pflegen. Die offizielle Delegation hob die Bedeutung dieser Ausstellung für die Schulgemeinde hervor und zeigte sich von den Schülerinnen und Schülern und dem hohen Niveau des Gesprächs begeistert.

Im Anschluss daran fand die offizielle Eröffnung der Ausstellung statt, bei der Annedore Dierker (Schulleiterin der DSA), Nikolas Yatromanolakis, (Vizeminister für Kultur und Sport der Hellenischen Republik), Hendrik Hering (Präsident des Landtags Rheinland-Pfalz), Dr. Denis Alt (Staatssekretär im Ministerium für Wissenschaft und Gesundheit Rheinland-Pfalz), Dr. Ernst Reichel (Botschafter der Bundesrepublik Deutschland in Griechenland) Dr. Martina Hermann (Gesandte der Österreichischen Botschaft in Griechenland) und Bernhard Kukatzki (Direktor der Landeszentrale für politische Bildung Rheinland-Pfalz) Grußworte an die Gäste richteten und Torsten Israel (Kurator der Ausstellung) in die Ausstellung einführte. Anschließend hatten die Gäste Gelegenheit sich von DSA-SchülerInnen durch die Ausstellung führen zu lassen.

Thementag mit szenischer Lesung am 6. November

Am 6. November fand ein Thementag mit Vorträgen von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern griechischer und deutscher Universitäten statt, dessen Auftakt eine bewegende szenische Lesung mit Auszügen aus dem Theaterstück "Chaidari" von Schülerinnen der DSA unter der Regie des österreichischen Regisseurs Martin Scharnhorst bildete. Auch der Thementag endete mit Führungen durch die Ausstellung, die Schülerinnen und Schüler der AG "DSA erinnert" den Teilnehmenden anboten.

Diese zwei Veranstaltungstage verdeutlichten erneut, dass es das zentrale Anliegen der Deutschen Schule Athen ist, eine Brücke der Kommunikation zwischen Kulturen zu sein und sowohl das demokratische Bewusstsein als auch die Fähigkeit ihrer Schülerinnen und Schüler zur kritischen Auseinandersetzung zu fördern.

Indem die Deutsche Schule Athen nicht nur im Rahmen von Schulklassen und Lehrbüchern, sondern auch anhand ausgewählter Aktivitäten und Veranstaltungen, mit denen sie sich der Gesellschaft öffnet, Toleranz gegenüber Fremdem und Solidarität lehrt, weist sich die DSA als eine demokratische Schule aus, die eine gerechte und qualitative Gewährung des Bildungsgutes sicherstellt, dem sozialen Zusammenhalt und der sozialen Entwicklung dient und zugleich die vielfältigen Identitäten, die im schulischen Umfeld zum Ausdruck kommen, respektiert.

Das Projekt wurde gefördert im Rahmen des Wettbewerbs "Erinnern für die Gegenwart". Deutsche Auslandsschulen und Deutsch-Profil-Schulen setzten sich mit ihrer Schulgeschichte und dem historischen Umfeld der Schule auseinander. Wie verhielt man sich gegenüber Kolonialismus, Nationalsozialismus, Diktatur oder Menschenfeindlichkeit? Ziel war, Erinnerungskultur, Toleranz und Demokratieverständnis zu stärken und auch auf heutige Formen der Diskriminierung aufmerksam zu machen. Schülerinnen und Schüler waren an der Projektentwicklung zentral beteiligt.

"Erinnern für die Gegenwart" war eine Initiative des damaligen Bundesaußenministers Heiko Maas und wurde umgesetzt von der Zentralstelle für das Auslandsschulwesen in Kooperation mit der Bundeszentrale für politische Bildung und der Stiftung Erinnerung, Verantwortung und Zukunft (EVZ).

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Stand 14.12.2021