Drei Jahre Chile – Bundesprogrammlehrer (BPLK) an der Deutschen Schule Temuco

Ich habe lange überlegt, was ich in diesen Bericht hineinschreibe. Was ist relevant, was lasse ich weg? Zuerst kam mir ein Wort in den Sinn: Vielfalt. Das ist das Wort, was die letzten drei Jahre in Chile am besten beschreibt. Chile hat den Gegensatz Nord - Süd, arm - reich, warm - kalt. Wie kann man diese Vielzahl an Erfahrungen in einem Bericht unterbringen? Doch dann fiel mir ein, was mir wirklich wichtig ist: Das Chile für mich nicht nur ein Auslandsabenteuer ist, sondern auch ein wunderbares Land, um dort zu leben. Vorweg sei aber gesagt: Es ist eindeutig anders als in Deutschland und da Chile so eine große und langgezogene Fläche hat, kann sich die Erfahrung von Nord nach Süd und von Person zu Person stark unterscheiden.

Beginnen wir doch nun einmal mit unserer Ankunft in Chile. Ich hatte das Glück, dass ich Chile schon vor meiner Arbeit für die Zentralstelle für das Auslandsschulwesen (ZfA) gut kannte - ich hatte schon 2008/2009 für ein Jahr hier gelebt. Zudem kommt meine heutige Frau aus Chile, was den Zugang zu Land und Leuten sicher deutlich vereinfachte. Genau aus diesem Grund habe ich das Land sehr gut kennengelernt. Und für alle Chile-Neulinge kann ich sagen: Wer einmal hier war, den lässt dieses Land nicht mehr so einfach los. So kamen wir also 2017 in der alten Heimat meiner Frau an und begannen hier für ein paar Jahre unsere Zelte aufzuschlagen. Gut war, dass wir hier schon Unterstützung von Familie und Freunden hatten. Doch auch die Kolleginnen und Kollegen und Verwaltung der Schule erwiesen sich als immer hilfsbereit und machten den Einstieg leicht.

Doch nun zur Schule. Die Deutsche Schule Temuco besteht schon seit mehr als 130 Jahren und wurde zu einer Zeit gegründet, in der viele deutsche Einwanderer in ganz Chile ankamen. Sie ist eine recht große DSD-Schule, an der das Deutsche Sprachdiplom (DSD) angeboten wird; Deutsch ist aber außerhalb des Deutschunterrichts keine Unterrichtssprache mehr und wird deshalb fast nur noch im Fach Deutsch gesprochen. Dennoch nimmt die Sprache einen großen Stellenwert ein und wird schon ab dem Kindergarten gelehrt. Es wird dazu großen Wert auf die Traditionen gelegt - eine davon ist die chilenische Auslegung des 3. Oktober, der groß in der Schule gefeiert wird.

Der Beginn an der Deutschen Schule Temuco umfasste natürlich eine gewisse Einarbeitungszeit - unterrichtete ich vorher eher gut behütete Schülerinnen und Schüler im fränkischen Idyll, waren sie hier genauso gut behütet, jedoch sind einige von ihnen sehr lebhaft. Mitunter waren sie schnell abgelenkt und die Eigeninitiative beim Arbeiten ließ häufig zu Wünschen übrig. Doch natürlich gibt es ebenso Schülerinnen und Schüler, die zu absoluten Höchstleistungen fähig sind! Gerade diese Gegensätze machten die Arbeit an der Schule aus. Generell wird sehr viel Wert auf Teamarbeit gelegt. Das gilt zum einen für die Arbeit im Deutschkollegium in Temuco, aber auch für die Arbeit mit dem BPLK-Team und den Fachberaterinnen und Fachberatern für Deutsch als Fremdsprache der ZfA.

Bilder aus Chile

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Schülerwettbewerbe Schülerwettbewerbe Quelle: Alexander Saal

Diese Teamarbeit machte die Arbeit von Beginn an interessant. Sie beschränkte sich nicht nur auf das reine Unterrichten, sondern man konnte direkt mitgestalten und sich zum Beispiel in Bereichen Schulorganisation und -entwicklung engagieren. Genannt sei hier allen voran das Curriculum, das wir zusammen mit der Fachberatung und Fachleiterinnen und Fachleitern in Chile ständig weiterentwickeln. In zahlreichen Fortbildungen kamen wir so in ganz Chile herum, und konnten mit vielen verschiedenen Schulen und Kolleginnen und Kollegen zusammenarbeiten. Zudem gab es eine Vielzahl an Wettbewerben, wie Deutsch lebendig und Jugend debattiert. Es war wunderbar zu sehen, wie sich Jugendliche aus ganz Chile in verschiedenen Disziplinen der Sprache austauschen und kennenlernen konnten.

Es wurde also nie langweilig. Das lag auch an den Aktivitäten außerhalb des Schulbetriebs. Für Freizeitreisen bietet Chile der/dem entdeckungsfreudigen Auslandslehrerin bzw. Auslandslehrer alles was das Herz begehrt: Weite Strände, hohe Berge, uralte Vulkanlandschaften, endlose Wüsten und harsche Gletscherfelder. Dazu lebhafte Märkte mit einer Vielzahl an Obst- und Gemüsesorten, kolonialer Architektur, großzügige Grillfeste und eine Kultur, die den deutschsprachigen Einwanderer willkommen heißt. Es ist also für Natur- und Kulturliebhaber etwas vorhanden, obwohl die Natur im Großen und Ganzen die beeindruckenderen Erfahrungen bereithält.

Diese schönen Erfahrungen können auch die letzten eineinhalb Jahre nicht trüben. In Chile ist selbstverständlich nicht alles gut, das beweisen die Aufstände Ende 2019 und die Coronapandemie, die noch deutlicher die sozialen Gegensätze zum Vorschein brachte. Nach den politischen Unruhen ist es im Zuge einer Volksabstimmung dazu gekommen, dass Chile nun eine neue Verfassung bekommt. Wollen wir hoffen, dass diese das Land eint und weiterleben lässt, in der Zeit nach der Pandemie. Denn wenn Chile eines kann, dann ist es begeistern. Sei es in der Freizeit oder in der Schule, für einen kurzen Aufenthalt oder für ein ganzes Leben - langweilig wird es hier eben nie.

Alexander Saal

Alexander Saal unterrichtete seit 2018 als Bundesprogrammlehrer Deutsch an der Deutschen Schule Temuco. Seit dem Jahr 2021 arbeitet er an der Deutschen Schule Los Angeles, ebenfalls in Chile.

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Stand 16.07.2021