Aus eins mach vier: Vier Schuljahre als Landesprogrammlehrkraft in Taschkent, Usbekistan

Nach einem Studium für das Lehramt an Mittelschulen (Germanistik im Hauptfach plus Arbeitslehre, Sozialkunde und Sport) und Referendariat, beides in Würzburg, arbeitete ich eineinhalb Jahre als "Mother Tongue Teacher" für die Bayerischen Lutheraner im südpazifischen Papua- Neuguinea. Danach folgte ein Einsatz als Mobile Reserve in Franken. Nach weiteren elf Jahren an einer Münchner Mittelschule und kurz vor meinem 40. Geburtstag wollte ich eine berufliche Umgestaltung und vor allem: Das Fernweh hatte mich wieder gepackt! Dazu passte dann die Ausschreibung des bayerischen Kultusministeriums als Landesprogrammlehrkraft.

Trotz der Aussage: "Wir stellen eigentlich nur Sek-II-Befähigte ein." bewarb ich mich. Ein Tipp für die Bewerbung dort war, möglichst viele Einsatzländer anzugeben; ich entschied mich für das Baltikum, Vietnam und eben: Zentralasien. Als dann im März plötzlich ein Schreiben kam ("Sie sind für die Schule 60 in Taschkent eingeplant!") holte ich alle Informationen über das unbekannte Usbekistan ein, stellte Kontakte her und in den Osterferien in Sri Lanka war dann klar: dieses Abenteuer nehme ich an!

Im September 2017 landete ich in Taschkent und wurde dort von einem einheimischen Mitarbeiter abgeholt und in einem Hotel einquartiert. Nach wenig Schlaf und Jetlag klopfte es dann an meiner Tür: "Sie haben heute sechs Stunden Unterricht – kommen Sie!"

Nach einer Woche im Hotel mietete ich mir dann die einzige Wohnung, die ich mir angesehen hatte, an. Im Nachhinein weiß ich gar nicht mehr, wie ich die ersten Wochen geschafft habe: jeden Tag vier bis acht Stunden Unterricht, keinerlei Russisch- und Ortskenntnisse, die neue Kultur, anderes (Kontinental-)Klima…

"Die Schülerinnen und Schüler sind toll"

Warum war ich dann vier Jahre hier? Weil ich in der Schule von der ersten Minute an gespürt habe: die Schülerinnen und Schüler sind toll! Ihr hervorragendes Deutsch hat mich absolut überrascht, sie waren und sind freundlich, höflich und hochmotiviert!

Eigentlich sollte meine Hauptaufgabe an der Schule "nur" das Deutsche Sprachdiplom (DSD) Stufe I sein, doch just als ich einreiste, gab es eine Schulreform im Land und nach langer Zeit gab es an der "Schule 60" elf statt neun Jahrgangsstufen. Ich hatte also die Herausforderung, 57 Schülerinnen und Schüler, denen im Vergleich zum Lyzeum die 12. Jahrgangsstufe fehlte, innerhalb eines Jahres auf das DSD II vorzubereiten und dieses auch bei den Ortskolleginnen und -kollegen einzuführen. Mittlerweile ist es dort fest etabliert.

Auch "Jugend debattiert", DAAD-Stipendien, Schnupperstudien, PASCH-Wettbewerbe, Kooperationen mit deutschen Hochschulen, die enge Zusammenarbeit mit der deutschen Botschaft und die permanente Fortbildung der Ortslehrkräfte gehörten zu meinem Alltag. Ein weiteres Highlight war für mich die Schnupperstudienwoche an bayerischen Hochschulen in Zusammenarbeit mit BayBIDs. Additional konnte ich meiner 11b und deren Klassenlehrerin "Landeskunde live" in meiner Heimatstadt München vermitteln.

Bilder aus Usbekistan

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In den usbekischen Bergen In den usbekischen Bergen Quelle: Vera Cornelia Schmelz

Unvergessliche Momente und Erlebnisse

Als Landesprogrammlehrkraft (LPLK) bekommt man lediglich Einjahresverträge, die man auf insgesamt sechs Schuljahre ausdehnen kann. Ich habe immer wieder freudig verlängert, weil ich meine Tätigkeit liebte: zielstrebige Schülerinnen und Schüler, aufgeschlossene Kolleginnen und Kollegen, viele Projekte und Veranstaltungen (usbekischer Deutschlehrertag, PASCH-Theaterworkshops mit meinen Workshops "Kreatives Schreiben" für zentralasiatische Deutschlehrerinnen und Deutschlehrer in den usbekischen Bergen sowie in Tadschikistan, ...). Dies sind unvergessliche Momente und Erlebnisse, die man wahrscheinlich so nur im Auslandsschuldienst finden kann.

Leben in Taschkent

Darüber hinaus lebte ich gerne hier: Taschkent als Hauptstadt entwickelt sich immer mehr zu einer Metropole; es gibt internationale Restaurants und Cafés, eine "Szene" mit Expats aus aller Welt, viele Sportmöglichkeiten und die Berge sind gut erreichbar. Zudem konnte ich in meinen Ferien nahezu das ganze Land sowie Nachbarländer bereisen. Viele Freunde und Verwandte besuchten mich, teils sogar mehrfach, und alle haben dieses gastfreundliche und sonnige Land ins Herz geschlossen.

Fazit: Usbekistan ist ein Land "wo sich Orient und Okzident berühren", noch nahezu "unverdorben", jung und erfrischend! Ich würde es immer wieder tun!

Vera Cornelia Schmelz

Vera Cornelia Schmelz unterrichte DaF als Landesprogrammlehrkraft an der DSD-Schule „Schule 60 Taschkent Usbekistan“ von September 2017 bis August 2021.

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Stand 13.01.2022